Das BEM ist nicht zu verwechseln mit dem einseitig veranlassten oder gar angeordneten Krankenrückkehrgespräch (Knittel, SGB IX, Lfg. 127, 2023, § 167 SGB IX Rn. 108a.).

Die Initiativlast für die Durchführung eines BEM trägt der Arbeitgeber (BAG v. 24.03.2011 – 2 AZR 170/10).

Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen, dass er den Arbeitnehmer tatsächlich ordnungsgemäß zu einem BEM eingeladen hat (LArbG Köln v. 08.09.2008 – 5 Sa 618/08 ).

Es muss nur denkbar sein, dass ein BEM ein positives Ergebnis erbracht, das gemeinsame Suchen nach Maßnahmen zum Abbau der Fehlzeiten also Erfolg gehabt hätte; dann muss sich der Arbeitgeber vorhalten lassen, er oder sie habe „vorschnell“ gekündigt (BAG v. 15.12.2022 – 2 AZR 162/22 -).

Nicht einmal die Tatsache, dass dem Arbeitnehmer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt wurde, kann allein die Nutzlosigkeit des BEM belegen (BAG v. 13.05.2015 – 2 AZR 565/14).

Die Zustimmung des Integrationsamts zu einer krankheitsbedingten Kündigung begründet nicht die Vermutung, dass ein BEM die Kündigung nicht hätte verhindern können (BAG v. 15.12.2022 – 2 AZR 162/22).

Hat das BEM zu einem positiven Ergebnis geführt, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die empfohlene Maßnahme – soweit dies in seiner oder ihrer alleinigen Macht steht – vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung als milderes Mittel umzusetzen (Joussen, DB 2009, 286, 288).

Zu den gebotenen Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliederung. Die frühere Auffassung, dem Arbeitgeber stehe die Entscheidung hierüber frei, ist nach Einführung des § 167 SGB IX überholt. Im Weigerungsfall kommen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gemäß § 280 BGB, § 823 Abs. 2 i. V. m. § 84 Abs. 2 SGB IX in Betracht (LAG Hamm – Urteil vom 04.07.2011 – 8 Sa 726/11).

Ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 167 Abs. 2 SGB IX (BEM) ist schon dann durchzuführen, wenn die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Arbeitnehmers innerhalb eines Jahres insgesamt mehr als sechs Wochen betragen haben. Nicht erforderlich ist, dass es eine einzelne Krankheitsperiode von durchgängig mehr als sechs Wochen gab (BAG-Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 170/10).

Zwingende Voraussetzung für die Durchführung eines BEM ist das Einverständnis der bzw. des Betroffenen. Dabei gehört zu einem regelkonformen Ersuchen des Arbeitgebers um Zustimmung des Arbeitnehmers die Belehrung nach § 167 Abs. 2 Satz 3 SGB IX über die Ziele des BEM sowie über Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten. Sie soll dem Arbeitnehmer die Entscheidung ermöglichen, ob er der Teilnahme am BEM zustimmt oder nicht. Stimmt der Arbeitnehmer trotz ordnungsgemäßer Aufklärung nicht zu, ist das Unterlassen eines BEM „kündigungsneutral“ zu bewerten (BAG-Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 170/10).

Die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zum BEM hat Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess. Hat der Arbeitgeber kein BEM durchgeführt, hat er von sich darzulegen, weshalb denkbare oder vom Arbeitnehmer aufgezeigte Alternativen nicht in Betracht kommen. Das Gleiche gilt, wenn ein Verfahren durchgeführt wurde, das nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen an ein BEM genügt (BAG-Urteil vom 10.12.2009 – 2 AZR 400/08).

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist, liegt beim Arbeitgeber. Daher muss der Arbeitgeber den Zugang eines Schreibens, mit dem der Arbeitnehmer zu einem Wiedereingliederungsgespräch eingeladen worden ist, beweisen. Besteht die Möglichkeit, dass der Umfang häufiger Kurzerkrankungen durch ein erfolgreiches Eingliederungsmanagement zurückgeht, ist eine ohne ein betriebliches Eingliederungsmanagement ausgesprochene personenbedingte Kündigung rechtsunwirksam (LAG Köln Urteil vom 08.09.2008 – 5 Sa 618/08).

Hat der Arbeitgeber kein BEM durchgeführt, bedarf es eines umfassenden konkreten Sachvortrags des Arbeitgebers zu einem nicht mehr möglichen Einsatz des Arbeitnehmers. Hat ein BEM stattgefunden, ist für die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren das – positive oder auch negative – Ergebnis des BEM maßgeblich zu berücksichtigen. Hat kein BEM stattgefunden, ist zu prüfen, ob es ein positives Ergebnis hätte erbringen können. Ist dies nicht der Fall, kann dem Arbeitnehmer aus dem Unterlassen des BEM kein Nachteil entstehen (BAG-Urteil vom 23.04.2008 – 2 AZR 1012/06).

§ 167 Abs. 2 SGB IX gilt für alle Arbeitnehmer und nicht nur für die (schwer-) behinderten Menschen (BAG-Urteil vom 12.07.2007 – 2 AZR 716/06).

Die betroffenen Beschäftigten dürfen verlangen, sich während des BEM von einem Rechtsanwalt begleiten lassen zu dürfen. Dies ist ausdrücklich in § 167 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit den Worten „Vertrauensperson eigener Wahl“ geregelt (Teilhabebestärkungsgesetzes vom 02.06.2021 – BGBl I 2021, 1387, 1395; zur Begründung vergl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 21.04.2021, BT-Drs. 19/28834).

Beteiligung des Betriebsrats (des Personalrats etc.) und/oder der Schwerbehindertenvertretung kommen nur in Betracht, wenn diese Gremien auch gewählt sind und existieren. Ist dies aber der Fall und wird Interessensvertretung nicht beteiligt, so gilt das BEM als fehlerhaft (BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08 -)

Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 Abs. 2 SGB IX ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch dann durchzuführen, wenn keine betriebliche Interessenvertretung gebildet wurde (BAG-Urteil vom 30.09.2010 – 2 AZR 88/0).

BEM kann ausnahmsweise ohne Interessenvertretung durchgeführt werden, sofern der Wunsch des Arbeitnehmers vorliegt (BAG v. 22.03.2016 – 1 ABR 14/14 -, BAG v. 17.04.2019 – 7 AZR 292/17).

Der Personalrat kann nicht verlangen, dass der Dienststellenleiter ihm die auf das Unterrichtungsschreiben eingehenden Antwortschreiben der Beschäftigten ohne deren Zustimmung zur Kenntnis bringt (Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 23.06.2010 – BVerwG 6 P 8.09).

Nach § 167 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind die Interessenvertretungen schon dann zu unterrichten, sobald die Schwelle überschritten ist, nach der der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin das Klärungsverfahren einzuleiten hat (BAG v. 07.02.2012 – 1 ABR 46/10 – BAGE 140, 350).

Das BEM ist jedenfalls dann abgeschlossen, wenn sich die Arbeitsvertragsparteien einig sind, dass der Suchprozess durchgeführt ist oder nicht weiter durchgeführt werden soll (BAG v. 18.11.2021 – 2 AZR 138/21).