LAG Nürnberg – Urteil vom 16.01.2013, Aktenzeichen 2 TaBV 6/12

Für die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 167 Abs. 2 SGB IX (sog. Klärungsphase) kann der Betriebsrat die Einführung von Verfahrensregelungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG verlangen und ggf. über die Einigungsstelle nach § 87 Abs. 2 BetrVG durchsetzen.

BAG-Urteil vom 07.02.2012, Aktenzeichen 1 ABR 46/10

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat dem Antrag des Betriebsrats entsprochen, mit dem dieser die Angabe sämtlicher Arbeitnehmer verlangt hat, die für die Durchführung eines BEM in Betracht kommen. Der Arbeitgeber durfte deren namentliche Benennung nicht vom Einverständnis der Arbeitnehmer abhängig machen. Er hat ein BEM allen Beschäftigten anzubieten, die im Jahreszeitraum mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig gewesen sind. Für die Ausübung seines gesetzlichen Überwachungsrechts muss der Betriebsrat diesen Personenkreis kennen; einer namentlichen Benennung stehen weder datenschutzrechtliche Gründe noch das Unionsrecht entgegen.

LAG Hamm – Urteil vom 04.07.2011, Aktenzeichen 8 Sa 726/11

Zu den gebotenen Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliederung. Die frühere Auffassung, dem Arbeitgeber stehe die Entscheidung hierüber frei, ist nach Einführung des § 167 SGB IX überholt. Im Weigerungsfall kommen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gemäß § 280 BGB, § 823 Abs. 2 i. V. m. § 84 Abs. 2 SGB IX in Betracht.

BAG-Urteil vom 24.03.2011, Aktenzeichen 2 AZR 170/10

Ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 167 Abs. 2 SGB IX (BEM) ist schon dann durchzuführen, wenn die krank-heitsbedingten Fehlzeiten des Arbeitnehmers innerhalb eines Jahres insgesamt mehr als sechs Wochen betragen haben. Nicht erforderlich ist, dass es eine einzelne Krankheitsperiode von durchgängig mehr als sechs Wochen gab. Zwingende Voraussetzung für die Durchführung eines BEM ist das Einverständnis der bzw. des Betroffenen. Dabei gehört zu einem regelkonformen Ersuchen des Arbeitgebers um Zustimmung des Arbeitnehmers die Belehrung nach § 167 Abs. 2 Satz 3 SGB IX über die Ziele des BEM sowie über Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten. Sie soll dem Arbeitnehmer die Entscheidung ermöglichen, ob er der Teilnahme am BEM zustimmt oder nicht. Stimmt der Arbeitnehmer trotz ordnungsgemäßer Aufklärung nicht zu, ist das Unterlassen eines BEM „kündigungsneutral“ zu bewerten!

BAG-Urteil vom 30.09.2010, Aktenzeichen 2 AZR 88/0

Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 Abs. 2 SGB IX ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch dann durchzuführen, wenn keine betriebliche Interessenvertretung gebildet wurde.

Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 23.06.2010,
Aktenzeichen BVerwG 6 P 8.09

Der Personalrat kann nicht verlangen, dass der Dienststellenleiter ihm die auf das Unterrichtungsschreiben eingehenden Antwortschreiben der Beschäftigten ohne deren Zustimmung zur Kenntnis bringt.

BAG-Urteil vom 10.12.2009, Aktenzeichen 2 AZR 400/08

Die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zum BEM hat Auswirkungen auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess. Hat der Arbeitgeber kein BEM durchgeführt, hat er von sich darzulegen, weshalb denkbare oder vom Arbeitnehmer aufgezeigte Alternativen nicht in Betracht kommen. Das Gleiche gilt, wenn ein Verfahren durchgeführt wurde, das nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen an ein BEM genügt.

LAG Köln Urteil vom 08.09.2008, Aktenzeichen 5 Sa 618/08

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden ist, liegt beim Arbeitgeber. Daher muss der Arbeitgeber den Zugang eines Schreibens, mit dem der Arbeitnehmer zu einem Wiedereingliederungsgespräch eingeladen worden ist, beweisen. Besteht die Möglichkeit, dass der Umfang häufiger Kurzerkrankungen durch ein erfolgreiches Eingliederungsmanagement zurückgeht, ist eine ohne ein betriebliches Eingliederungsmanagement ausgesprochene personenbedingte Kündigung rechtsunwirksam.

BAG-Urteil vom 23.04.2008, Aktenzeichen 2 AZR 1012/06

Hat der Arbeitgeber kein BEM durchgeführt, bedarf es eines umfassenden konkreten Sachvortrags des Arbeitgebers zu einem nicht mehr möglichen Einsatz des Arbeitnehmers. Hat ein BEM stattgefunden, ist für die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren das – positive oder auch negative – Ergebnis des BEM maßgeblich zu berücksichtigen. Hat kein BEM stattgefunden, ist zu prüfen, ob es ein positives Ergebnis hätte erbringen können. Ist dies nicht der Fall, kann dem Arbeitnehmer aus dem Unterlassen des BEM kein Nachteil entstehen.

BAG-Urteil vom 12.07.2007, Aktenzeichen 2 AZR 716/06

§ 167 Abs. 2 SGB IX gilt für alle Arbeitnehmer und nicht nur für die (schwer-) behinderten Menschen. Die Durchführung eines BEM ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer personenbedingten Kündigung. Ein unterlassenes betriebliches Eingliederungsmanagement steht einer Kündigung nicht entgegen, wenn es sie auch nicht hätte verhindern können.